Erstattung der Rechtsanwaltskosten im Berufungsverfahren: BAG vom 18.11.2015 – 10 AZB 43/15

Im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht hat die unterliegende der obsiegenden Partei deren Rechtsanwaltskosten auch dann zu ersetzen, wenn eine Vereinigung von Arbeitnehmern oder Arbeitgebers i.S.v. § 11 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 u. 5 ArbGG bereit gewesen wäre, die Vertretung unentgeltlich zu übernehmen.

Der Fall

Die Parteien stritten sich im Ausgangsverfahren um die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Zahlung einer Sozialplanabfindung. Die klagende Arbeitnehmerin gewann das Verfahren in erster Instanz. In der Berufungsinstanz schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem u.a. geregelt wurde, dass die Beklagte die Kosten zu 9/10 zu tragen hat. Die Klägerin ließ sich sowohl in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht, also auch in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht von einem Berufsverbandsvertreter vertreten, der auch als Rechtsanwalt zugelassen ist.

Nach Abschluss der zweiten Instanz setzte das Arbeitsgericht die der Klägerin zu erstattenden Kosten auf 8.071,65 € fest. Die Beklagte wendete ein, dass sie nicht verpflichtet sei, diese Kosten zu übernehmen. Denn die Klägerin sei durch einen Verbandsvertreter anwaltlich vertreten worden, der die Vertretung aufgrund der Verbandsmitgliedschaft auch unentgeltlich übernommen hätte. Die Rechtsanwaltskosten seien deswegen nicht erstattungsfähig, da die Beauftragung des Verbandsvertreters als Rechtsanwalt nicht notwendig gewesen sei.

Die Entscheidung

Das BAG hat in letzter Instanz entschieden, dass der Kostenerstattungsanspruch in voller Höhe besteht. Der Umstand, dass sich die Klägerin auch vom Berufsverband kostenlos hätte vertreten lassen können, sei unerheblich. Entscheidend sei allein die Frage, ob eine verständige Prozesspartei in der gleichen Situation ebenfalls einen Anwalt beauftragt hätte, was bei einem Rechtsmittelverfahren regelmäßig der Fall sei. Unerheblich sei, dass der Rechtsanwalt im Berufungsverfahren auch lediglich als Verbandsvertreter hätte auftreten können, wodurch keine Kosten entstanden wären.

Was Sie wissen sollten

Im Verfahren vor den Amts- und Landgerichten ist die Prozesspartei, die ein gerichtliches Verfahren verliert, verpflichtet, dem Prozessgegner dessen Rechtsanwaltskosten zu erstatten. Auch die Gerichtskosten sind von der unterliegenden Partei zu tragen. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist dies anders. Gemäß § 12 a ArbGG besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten für die Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten. Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Verfahren vor dem Arbeitsgericht jede Partei ihre eigenen Rechtsanwaltskosten selbst trägt – unabhängig vom Ausgang des Prozesses. Lediglich die Gerichtskosten müssen von der unterliegenden Partei übernommen werden. Diese Regelung gilt jedoch nur im Verfahren des ersten Rechtszuges, d.h. vor dem Arbeitsgericht. In zweiter und dritter Instanz, d.h. im Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten und dem Bundesarbeitsgericht gilt die vorstehende Regelung nicht. Hier ist die unterliegende Partei verpflichtet, die Rechtsanwaltskosten des Gegners zu übernehmen.

Das BAG hat nunmehr entschieden, dass dies auch dann gilt, wenn es sich bei dem gegnerischen Rechtsanwalt um einen Verbandsvertreter handelt, der genauso gut in seiner Eigenschaft als Verbandsvertreter hätte auftreten können.

Das vollständige Urteil finden Sie hier.

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