Kündigung wegen Fettleibigkeit: ArbG Düsseldorf vom 17.12.2015 – 7 Ca 416/15

Möchte ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen, weil dieser aufgrund seiner Fettleibigkeit nicht in der Lage ist, seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen, muss er im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens substantiiert vortragen, warum aufgrund von länger anhaltenden, erheblich unterdurchschnittlichen Leistungen des Arbeitnehmers eine schwerwiegende Störung des Vertragsgleichgewichts gegeben ist und warum eine solche Störung auch für die Zukunft zu erwarten ist.

Der Fall

Der 1,94 m große und rund 200 kg schwere Arbeitnehmer war seit 1985 für seinen Arbeitgeber, ein Unternehmen, das in den Bereichen Garten- und Landschafts-, Kanal- und Tiefbau, Pflanz- und Pflasterarbeiten sowie Grünflächenpflege tätig ist, beschäftigt. Der Arbeitgeber forderte den Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung erfolglos auf, sein Körpergewicht deutlich zu reduzieren. Schließlich kündigte er das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2016. Die Kündigung wurde darauf gestützt, dass der Kläger aufgrund seines Körpergewichts eine Vielzahl von Tätigkeiten nicht mehr ausüben könne. So sei er zum Beispiel nicht mehr in der Lage, einen Kleinlastwagen zu steuern. Zum anderen könne er keine Graben- und Kanalbauarbeiten ausführen, da er in die entsprechenden Gräben nicht mehr hineinpasse. Das Gleiche gelte für Kanaldeckel. Pflanzenpflegearbeiten könne er deswegen nicht mehr ausführen, da die Belastbarkeit der verwendeten Leitern auf 150 kg beschränkt sei. Vom Arbeitnehmer ausgeführte Pflasterarbeiten hätten nachgebessert werden müssen, da die Terrassen- bzw. Gehwegplatten mehrmals eingesunken seien, nachdem der Kläger sie betreten habe. Außerdem gäbe es für den Kläger keine passende Arbeitsschutzkleidung.

Gegen die Kündigung erhob der Arbeitnehmer Klage mit dem Ziel, die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen. Darüber hinaus begehrte er die Zahlung einer, Entschädigung, weil er durch die Kündigung diskriminiert worden sei.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Düsseldorf gab dem Kläger insofern Recht, als es die Kündigung für ungerechtfertigt hielt. Die Entschädigung wurde dem Kläger hingegen nicht zugesprochen.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass eine Kündigung wegen Fettleibigkeit zwar grundsätzlich möglich ist. Der Arbeitgeber muss dann im Kündigungsschutzverfahren allerdings hinreichend deutlich darlegen und beweisen, warum der fettleibige Arbeitnehmer in seinem Arbeitsbereich nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden kann, bzw. warum der Arbeitnehmer aufgrund seiner Fettleibigkeit eine erhebliche qualitative oder quantitative Minderleistung erbringt. Die im Kündigungsschutzverfahren vom Arbeitgeber vorgetragenen Argumente überzeugten das Arbeitsgericht nicht. Die Darstellung wäre insgesamt zu allgemein gehalten und nicht hinreichend durch Tatsachen untermauert worden. Die angeblichen Einschränkungen des Klägers seien vom Arbeitgeber lediglich pauschal behauptet worden. Dementsprechend war die Kündigung für unwirksam zu erklären.

Mit dem geltend gemachten Anspruch auf Entschädigung drang der Kläger jedoch nicht durch. Denn eine Entschädigung steht einem Arbeitnehmer nach den Vorschriften des AGG nur dann zu, wenn er wegen eines AGG-Merkmals (Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung oder Behinderung, Alter, sexuelle Identität) benachteiligt wird. Im Fall des Klägers käme nach Auffassung des Arbeitsgerichts Düsseldorf lediglich eine Benachteiligung wegen einer Behinderung in Betracht. Eine Behinderung kann sich in der Tat auch aus einer extremen Fettleibigkeit ergeben. Voraussetzung für eine Behinderung ist allerdings eine Einschränkung in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört. Eine solche Einschränkung hat der Kläger jedoch im vorliegenden Verfahren gerade bestritten, indem er vorgetragen hat, ihm sei es problemlos und einschränkungslos möglich, die geschuldeten Arbeiten zu erledigen. Mit diesem Vortrag brachte der Kläger selbst zum Ausdruck, dass gerade keine Behinderung vorliegt.

Was Sie wissen sollten

Ein Arbeitnehmer darf nicht einfach deswegen gekündigt werden, weil er (zu) dick ist. Jedoch kann eine Fettleibigkeit im Einzelfall durchaus eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit zur Folge haben. Der Arbeitgeber muss dann allerdings im Kündigungsschutzverfahren darlegen, warum der Arbeitnehmer entweder überhaupt nicht mehr in der Lage ist, Arbeitsleistung zu erbringen, bzw. warum die erbrachte Leistung derart deutlich hinter den berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers zurückliegt, dass nicht mehr von einem ausgewogenen Verhältnis von Arbeitsleistung und Vergütung ausgegangen werden kann. Bei dieser Darstellung darf sich der Arbeitgeber nicht auf formelhafte Wendungen beschränken, sondern muss dezidiert darstellen und unter Beweis stellen, warum ein sinnvoller Einsatz des Arbeitnehmers nicht mehr möglich sein soll. Die Darlegungslast ist wie bei jeder Kündigung wegen Minder- oder Schlechtleistung sehr hoch. Eine entsprechende Kündigung muss deshalb gründlich und mit einem nicht unerheblichen Aufwand vorbereitet werden. Arbeitnehmer, denen wegen einer Minder- oder Schlechtleistung gekündigt wurde, haben im Kündigungsschutzverfahren erfahrungsgemäß gute Erfolgsaussichten.

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