(Un)zulässigkeit einer betriebsverfassungsrechtlichen Abmahnung: BAG vom 09.09.2015 – 7 ABR 69/13

Verstößt ein Betriebsratsmitglied gegen eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht, kann der Arbeitgeber ggf. ein Verfahren nach § 23 BetrVG einleiten bzw. androhen (Ausschluss des Mitglieds aus dem Betriebsrat). Unzulässig ist jedoch der Ausspruch einer Abmahnung unter Androhung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Fall

Der Antragsteller, Betriebsratsvorsitzender bei der Antragsgegnerin, machte im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren einen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus seiner Personalakte geltend. Der Abmahnung lag der Vorwurf zu Grunde, dass der Antragsteller per Email eine Betriebsvereinbarung an alle Arbeitnehmer des Konzerns und damit auch an solche außerhalb des Geltungsbereichs der Betriebsvereinbarung versandt hatte. Der Arbeitgeber sah darin einen Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die Abmahnung endete mit folgendem Satz: „Sollten Sie erneut gegen das Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen und sich in entsprechender Art und Weise pflichtwidrig verhalten, müssen Sie damit rechnen, dass wir Ihren Ausschluss als Betriebsratsmitglied beim Arbeitsgericht beantragen werden (§ 23 BetrVG). Gegebenenfalls könnte sogar eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen.“

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht ließ offen, ob das Verhalten des Antragstellers eine Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten darstellt. Ein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte ergäbe sich nämlich bereits daraus, dass hier in unzulässiger Weise eine vermeintliche betriebsverfassungsrechtliche Pflichtverletzung mit der Androhung einer arbeitsvertraglichen Sanktion (Kündigung) verknüpft wurde.

Was Sie wissen sollten

Ein Betriebsratsmitglied steht mit seinem Arbeitgeber sowohl in einem betriebsverfassungsrechtlichen (aus der Betriebsratsmitgliedschaft folgenden) als auch einem arbeitsrechtlichen (aus der Arbeitnehmerstellung folgenden) Verhältnis. Um zu gewährleisten, dass das Betriebsratsmitglied seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann, müssen diese beiden Beziehungen voneinander getrennt betrachtet werden. Müsste ein Betriebsratsmitglied im Fall eines Verstoßes gegen seine Amtspflichten mit arbeitsvertraglichen Konsequenzen wie z. B. einer Kündigung rechnen, würde das die Betriebsratstätigkeit nachteilig beeinträchtigen. Bei der Abmahnung eines Betriebsratsmitglieds ist deshalb genau zu untersuchen, aus welcher Beziehung die Pflichtverletzung herrührt.  Verstößt ein Betriebsratsratsmitglied gegen eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht kann beispielsweise die Beantragung des Ausschlusses aus dem Betriebsrat angedroht werden. Die Androhung einer Kündigung ist nach Auffassung des BAG hingegen nur dann möglich, wenn das Betriebsratsmitglied - zumindest auch - gegen eine arbeitsvertragliche Pflicht verstoßen hat.

Die Entscheidung des BAG, die weitere Rechtsfragen beinhaltet, wurde hier nur verkürzt dargestellt. Die vollständige Entscheidung finden Sie hier.

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