Der Fall
Am 19.05.2011 erklärte der Arbeitgeber gegenüber dem klagenden Arbeitnehmer die fristlose Kündigung mit sofortiger Wirkung, hilfsweise fristgerecht zum 31.12.2011. Die Kündigung enthielt u.a. folgende Erklärung:
„Im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung werden Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstundenansprüche unwiderruflich von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung freigestellt.“
Der daraufhin stattfindende Kündigungsschutzprozess wurde mit einem Vergleich zwischen den Parteien abgeschlossen. In einem weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht machte der Kläger seinen Anspruch auf Abgeltung der noch ausstehenden Urlaubsansprüche geltend. Der Kläger war der Meinung, der Urlaub sei durch die Freistellungserklärung noch nicht verbraucht worden.
Die Entscheidung
Das BAG gab dem klagenden Arbeitnehmer grundsätzlich Recht und stellte klar, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz nicht schon dann erfüllt ist, wenn der Arbeitnehmer Freizeit erhalten hat, sondern erst dann, wenn dem Arbeitnehmer daneben auch das Urlaubsentgelt zugeflossen ist. Für den vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall bedeutet dies, dass der Urlaubsanspruch des Klägers tatsächlich noch nicht erfüllt war und somit grundsätzlich ein Abgeltungsanspruch bestand. Zwar hatte die Beklagte den Kläger von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt. Für eine wirksame Urlaubsgewährung – die zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs führten soll – hätte die Beklagte dem Kläger aber das Arbeitsentgelt für den Urlaubszeitraum gewähren müssen. Dies hätte entweder durch die tatsächliche Zahlung vor Antritt des Urlaubs oder zumindest durch die vorbehaltlose Zusage geschehen können.
Was Sie wissen sollten
Arbeitgeber sehen sich bei einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung folgender Problematik ausgesetzt:
Ist die Kündigung als fristlose Kündigung wirksam, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch gem. § 7 Abs. 4 BUrlG auf Abgeltung des noch nicht gewährten Urlaubs. Ob der Arbeitgeber freigestellt hat, ist dann irrelevant, die o.g. Entscheidung wirkt sich in diesem Fall nicht aus.
Wird hingegen im Kündigungsschutzverfahren festgestellt , dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zwar nicht fristlos, aber fristgerecht beendet wurde, die Kündigung also nur als ordentliche Kündigung wirken kann, hat der Arbeitgeber für die Zeit der Kündigungsfrist regelmäßig Annahmeverzugslohn zu zahlen und darüber hinaus den nicht gewährten Urlaub abzugelten. Damit zahlt der Arbeitgeber gewissermaßen „doppelt“. Um dieses Risiko einzugrenzen, wird häufig eine Freistellungserklärungen unter Anrechnung des noch nicht gewährten Urlaubs für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung in das Kündigungsschreiben aufgenommen. Um dieser Erklärung auch die gewünschte Wirkung beizubringen, muss der Arbeitgeber nun entweder in der Freistellungserklärung klarstellen, dass das Urlaubsentgelt für diese Zeit ohne jegliche Vorbehalte gewährt werden wird, oder er zahlt mit der Kündigung gleich das Urlaubsentgelt aus, was dann für den Fall, dass die fristlose Kündigung doch durchgeht, als Erfüllung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung angesehen werden kann.
Für Arbeitgeber macht die Entscheidung deutlich, dass die korrekte Formulierung der Freistellungserklärung durchaus mit einer gewissen Sorgfalt betrieben werden sollte. Werden hier Fehler gemacht, kann es teuer werden. Arbeitnehmer wiederum sollten eine Freistellungserklärung unter Anrechnung des Urlaubs gründlich prüfen. Gegebenenfalls können hier noch Ansprüche generiert werden, die dann als Verhandlungsmasse in die Beendigungsverhandlungen eingebracht werden sollten.
Das vollständige Urteil finden Sie hier.