Der Fall
Der Kläger ist bei der Beklagten – einem Einzelhandelsunternehmen – als Arbeitnehmer angestellt. In einem Personalgespräch hielten die Vertreter der Beklagten dem Kläger vor, dass er zwei Fertigsuppen aus dem Lagerbestand der Beklagten verzehrt hätte, ohne sie zu bezahlen. Deshalb werde die Beklagte dem Kläger außerordentlich kündigen und Strafanzeige erstatten. Diesen Konsequenzen könne der Kläger entgehen, wenn er einen bereits vorgefertigten Aufhebungsvertrag unterzeichne, in dem unter anderem auch einen Klausel enthalten war, mit der die Vertragsparteien auf die „Einlegung von Rechtsmitteln (Klage etc.)“ verzichten. Diesen Aufhebungsvertrag unterschrieb der Kläger, erklärte allerdings später die Anfechtung gem. § 123 Abs. 1 BGB, da der Aufhebungsvertrag durch eine widerrechtliche Drohung der Beklagten zustande gekommen sei. Anschließend machte er klageweise geltend, dass festzustellen sei, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht.
Die Entscheidung
Das Bundesarbeitsgericht hatte darüber zu entscheiden, ob die Klage nicht allein wegen dem vereinbarten Klageverzicht abzuweisen ist. Es kam zu dem Ergebnis, dass ein formularmäßiger Klageverzicht im Falle einer widerrechtlichen Drohung gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, unwirksam sei. Eine solche widerrechtliche Drohung liege dann vor, wenn ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Die Klärung dieser Frage ist vorliegend nicht Sache des Bundesarbeitsgerichts, sondern der Tatsachengerichte. Deshalb hat das Bundesarbeitsgericht den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Was Sie wissen sollten
Grundsätzlich ist eine Willenserklärung, die aufgrund einer widerrechtlichen Drohung des Vertragspartners abgegeben wird, gem. § 123 Abs. 1 BGB anfechtbar. So auch ein Aufhebungsvertrag, der durch eine widerrechtliche Drohung des Arbeitgebers zustande kommt. Allerdings kann die Wirkung der Anfechtung – nämlich die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts von Anfang an – nicht gerichtlich geltend gemacht werden, wenn in dem Aufhebungsvertrag eine Klageverzichtsklausel enthalten ist. Diese führt nämlich dazu, dass eine anschließende Klage unzulässig ist. Damit könnte auch nicht gerichtlich durchgesetzt werden, dass diese Klageverzichtsklausel ebenfalls durch eine widerrechtliche Drohung des Arbeitgebers zustande gekommen ist. Diesen Gesichtspunkt lässt das BAG in die AGB-Prüfung solch einer Klageverzichtsklausel mit einfließen. Diese benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und sei deshalb unwirksam, wenn die Drohung widerrechtlich ist. Andernfalls würde ein unter dem Druck einer widerrechtlichen Drohung des Arbeitgebers geschlossener Aufhebungsvertrag Geltung erlangen, da dem Arbeitnehmer die Klagemöglichkeit fehlt.
Das vollständige Urteil finden Sie hier.