Altersdiskriminierung durch Kündigung: BAG vom 23.07.2015 – 6 AZR 457/14

Kündigt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer unter Hinweis auf dessen zwischenzeitliche „Pensionsberechtigung“ wird vermutet, dass die Kündigung wegen des Alters ausgesprochen wurde. Gelingt es dem Arbeitgeber nicht, diese Vermutung zu widerlegen, ist die Kündigung wegen einer Altersdiskriminierung unwirksam.

Der Fall

Die Klägerin ist im Jahr 1950 geboren und war bei einer Arztpraxis als Arzthelferin beschäftigt. Im Jahr 2013 wurde ihr das Arbeitsverhältnis gekündigt unter Hinweis darauf, dass im Laborbereich eine Umstrukturierung stattfinden müsse. Außerdem erwähnte der Arbeitgeber, dass die Klägerin „inzwischen pensionsberechtigt“ sei. Das Kündigungsschutzgesetz ist im auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar.

Die Entscheidung

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist die Kündigung unwirksam. Dadurch, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Hinweis auf die Pensionsberechtigung der Klägerin gekündigt hat, sei gemäß § 22 AGG zu vermuten, dass die Kündigung aufgrund des Alters der Klägerin ausgesprochen wurde und die Klägerin hierdurch diskriminiert werde. Diese Vermutung hätte die Beklagte widerlegen müssen. Für eine Widerlegung der Vermutung habe die Beklagte jedoch keinen ausreichenden Beweis angeboten.

Was Sie wissen sollten

Es war lange Zeit umstritten, ob die Rechtswirksamkeit einer Kündigung überhaupt am Maßstab des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zu überprüfen ist, da § 2 Abs. 4 AGG vorsieht, dass für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz gelten. Das BAG hat mit Urteil vom 19.12.2013, Az.: 6 AZR 190/12 entschieden, dass eine Kündigung dann rechtsunwirksam ist, wenn ihr eine Diskriminierung des Arbeitnehmers nach dem AGG zugrunde liegt. Dies gilt auch dann, wenn das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet.

Dafür, dass der Arbeitnehmer diskriminiert wurde, spricht nach § 22 AGG dann eine Vermutung, wenn es dem Arbeitnehmer gelingt, Indizien nachzuweisen, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Gelingt dem Arbeitnehmer dies, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung vorliegt. Kündigt der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis unter Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Altersrente hat, stellt dies nach Auffassung des BAG eine Vermutung für eine Altersdiskriminierung dar. Allein der pauschale Hinweis des kündigenden Arbeitgebers, dass die Kündigung wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80 % des Beschäftigungsbedürfnisses ausgesprochen wurde, reicht nicht aus, diese Vermutung zu widerlegen. Der Arbeitgeber hätte hier insofern substantiiert unter Beweisantritt vortragen müssen.

Das vollständige Urteil finden Sie hier.

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