Der Fall
Der Betriebsratsvorsitzende einer Gießerei mit ca. 1.050 Beschäftigten wollte an einer gewerkschaftlichen Schulungsmaßnahme teilnehmen. Hierzu beantragte er für zwei Tage Urlaub, die der Arbeitgeber nicht bewilligte, da dringend zu erledigende Aufgaben anstünden und der Urlaubsantrag sehr kurzfristig gestellt worden sei. Als der Betriebsratsvorsitzende den Urlaub dennoch eigenmächtig antrat, beantragte der Arbeitgeber beim Betriebsrat die Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden. Da der Betriebsrat die Erteilung der Zustimmung verweigerte, stellte der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Kündigung.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht Düsseldorf lehnte den Antrag auf Zustimmungsersetzung ab. Zwar liege in dem eigenmächtigen Urlaubsantritt des Betriebsratsvorsitzenden eine Pflichtverletzung, die grundsätzlich den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigen kann. Eine Interessenabwägung im Einzelfall führe jedoch dazu, dass der Ausspruch einer fristlosen Kündigung nicht gerechtfertigt sei. Zugunsten des Betriebsratsvorsitzenden müsse berücksichtigt werden, dass es in dem seit 15 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnis bislang zu keinen Vertragsverstößen gekommen sei und zudem der Kündigungsvorwurf mit der Betriebsratstätigkeit im Zusammenhang stünde. Diese sei jedoch von Gesetzes wegen besonders geschützt.
Was Sie wissen sollten
Lehnt der Arbeitgeber einen Urlaubsantrag des Arbeitnehmers ab, darf sich dieser nicht selbst beurlauben, und zwar auch dann nicht, wenn die Ablehnung des Urlaubs zu Unrecht erfolgte. Möchte der Arbeitnehmer seinen Urlaub dennoch entgegen dem Willen des Arbeitgebers antreten, muss er gegebenenfalls beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung auf Urlaubserteilung beantragen. Tritt er den Urlaub eigenmächtig an, begeht er eine Pflichtverletzung. Diese Pflichtverletzung ist grundsätzlich an sich zur Rechtfertigung einer verhaltensbedingten – gegebenenfalls fristlosen – Kündigung geeignet.
Dennoch ist im Kündigungsschutzverfahren stets eine Interessenabwägung durchzuführen, um festzustellen, ob die Kündigung im konkreten Einzelfall das angemessene Mittel ist. Gegeneinander abzuwägen sind einerseits die Interessen des Arbeitgebers an der Lösung des Arbeitsverhältnisses sowie andererseits die Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes.
Wie eine solche im Streitfall vom Arbeitsgericht durchzuführende Interessenabwägung ausfallen wird, ist in der arbeitsrechtlichen Praxis häufig nicht vorhersehbar. Dies macht es schwierig, den Ausgang eines Kündigungsschutzverfahrens vorab zu prognostizieren.
Hinweis: Zum Zustimmungserfordernis bei Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes s.a. LAG Düsseldorf vom 04.03.2016, 10 TaBV 102/15.