Der Fall
Der Kläger war bei seinem Arbeitgeber seit 1992 beschäftigt und seit September 2015 dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt. Am 15.03.2018 kündigte der Kläger das mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Am 16.03.2018 wies die Beklagte die außerordentliche fristlose Kündigung zurück.Die Parteien stritten nunmehr um die Urlaubsabgeltung für das Kalenderjahr 2016. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass dieser Urlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch vorhanden war und nicht zum 31.03.2018 verfallen ist, da er ja vorher gekündigt habe. Die Beklagte vertrat hingegen die Auffassung, die außerordentliche Kündigung sei unwirksam, weshalb das Arbeitsverhältnis erst am 15.04.2018 geendet hat. Die Urlaubsansprüche für das Kalenderjahr 2016 seien demgemäß zum 31.03.2018 verfallen und müssten nicht mehr abgegolten werden.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht gab der Beklagten recht und verwies darauf, dass der Kläger keinen wichtigen Grund hatte, der den Ausspruch einer fristlosen Kündigung hätte rechtfertigen können. Ein solcher Grund läge dann vor, wenn es dem Arbeitnehmer unzumutbar gewesen wäre, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Dies sei nicht der Fall gewesen. Insbesondere stelle der Umstand, dass ein Urlaubsanspruch irgendwann verfällt, keinen wichtigen Grund dar, der den Arbeitnehmer zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte. Schließlich hätte der Arbeitnehmer rechtzeitig, d. h. unter Einhaltung der Kündigungsfrist kündigen können, um den Verfall des Urlaubs zu verhindern.
Was Sie wissen sollten
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfällt der Urlaub des Arbeitnehmers 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub nicht nehmen kann, weil er z.B. dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt ist. Insofern macht es einen erheblichen Unterschied, ob das Arbeitsverhältnis beispielsweise zum 31.03. oder zum 30.04. eines Jahres endet. Dies soll an nachfolgendem Beispiel verdeutlicht werden:
Der Arbeitnehmer ist seit Anfang 2016 dauerhaft arbeitsunfähig und hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub, d. h. 20 Arbeitstage bei einer 5-Tage-Woche.
Kündigt er zum 31.03.2018, hat er folgenden Resturlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist:
2016: | 20 Tage |
2017: | 20 Tage |
2018: 20 Tage : 12 x 3 = | 5 Tage |
gesamt somit: | 45 Tage |
Kündigt der Arbeitnehmer zum 30.04.2018 hat er folgenden Urlaubsanspruch:
2016: | 0 Tage (der Urlaub verfiel am 31.03.2018) |
2017: | 20 Tage |
2018: 20 Tage : 12 x 4 = | 7 Tage |
gesamt somit: | 27 Tage |
Obwohl das Arbeitsverhältnis einen Monat später endet, stehen dem Arbeitnehmer 18 Tage weniger Urlaub zu.
Sowohl langzeiterkrankte Arbeitnehmer als auch deren Arbeitgeber sollten im Falle einer Kündigung genau überlegen, zu welchem Zeitpunkt sie kündigen möchten. Denn der Beendigungstermin kann durchaus eine hohe wirtschaftliche Bedeutung haben.